Das Äquivalent zu Windows ist unter Linux in gewissem Sinne das Grafiksystem X
Window, auch kurz X11 genannt. Im Gegensatz zu Windows oder dem Mac wurde X11
nie unter dem Gesichtspunkt der Benutzerfreundlichkeit oder des Aussehens
entwickelt, sondern nur zur Bereitstellung grundlegender Grafikfähigkeiten für
UNIX-Workstations. Hier ein paar der hauptsächlichen Unterschiede:
- Während Windows überall auf der Welt gleich aussieht, ist das bei X11
nicht so: Es ist in wesentlich weiterem Rahmen konfigurierbar. Das jeweilige
Aussehen von X11 wird zum großen Teil vom sogenannten »Windowmanager« bestimmt.
Seine Aufgabe ist es, die Fenster auf dem Bildschirm zu verwalten. Es gibt
mehrere, aus denen man auswählen kann:
fvwm
- einfach aber
ressourcenschonend, fvwm2
, fvwm95
, Afterstep
,
WindowMaker
, Enlightenment
und viele andere mehr. Der
Windowmanager wird üblicherweise in der Datei .xinitrc
aufgerufen.
- Der Windowmanager kann auf vielerlei Weise konfiguriert werden: Er kann
wie unter Windows agieren, indem er ein Fenster in den Vordergrund bringt, das
explizit angeklickt wurde. Alternativ kann er aber ein Fenster auch in den
Vordergrund bringen, wenn sich nur die Maus einfach darüber befindet. Auch die
Plazierung kann automatisch oder interaktiv sein: Wenn statt des aufgerufenen
Programms nur ein seltsamer dünner Rahmen erscheint - einfach mit der Maus links
dahin klicken, wo man das Fenster haben will.
- Dieses und viele andere Dinge können durch das Editieren einer oder
mehrerer Konfigurationsdateien verändert werden. Dazu lese man die
entsprechenden Dateien der Dokumentation. Die Dateien in denen man die
Änderungen vornehmen kann sind, je nach Windowmanager,
.fvwmrc
,
.fvwm2rc95
, .steprc
, usw. Eine Beispielkonfigurationsdatei
befindet sich oft in
/etc/X11/window-manager-name/system.window-manager-name
.
- X11-Programme werden mit Hilfe spezieller Bibliotheken geschrieben, den
»Widgetbibliotheken«. Diese Bibliotheken enthalten vorgefertigte Elemente wie
Eingabefelder für Text, Listenfelder, Knöpfe usw. Da es davon im Gegensatz zu
Windows mehrere gibt, sehen die Programme unter Linux teilweise unterschiedlich
aus. Die Einfachsten sind die, welche die Athenawidgets benutzen (2D-Look;
xdvi
, xman
, xcalc
); andere nutzen Motif
(netscape
), wieder andere Tcl/Tk, XForms, Qt, Gtk und was es noch so
gibt. Die meisten dieser Bibliotheken besitzen ein Windows-ähnliches Aussehen.
- Soweit zum Aussehen von X11, aber was ist mit der Bedienung?
Unglücklicherweise verhalten sich auch hier viele Programme unterschiedlich.
Wenn man zum Beispiel eine Textzeile mit der Maus markiert und dann
<BACKSPACE> drückt, erwartet man, daß die Zeile verschwindet. Dieses
funktioniert aber nicht bei den Applikationen, die auf den Athenawidgets
basieren, dagegen funktioniert es mit Programmen die auf anderen Widgets
basieren.
- Scrollbars (deutsch »Rollbalken«), Größenänderungen und das Minimieren zu
einem Icon hängen ebenfalls vom Windowmanager und den verwendeten Widgets ab.
Tip: Wenn sich die Scrollbars irgendwie unerwartet verhalten, den Scrollbar mit
der mittleren Maustaste bedienen. Wenn man keine solche hat, kann man statt
dessen die zwei Mausbuttons gleichzeitig drücken.
- Programme haben per Default kein eigenes Icon, man kann ihnen jedoch
mehrere zuweisen. Das Ob und Wie hängt vom jeweiligen Windowmanager ab. Der
Bildschirm selber, in Windows als »Desktop« bezeichnet, heißt »Rootwindow«, und
sein Aussehen kann man mit Programmen wie
xsetroot
oder
xloadimage
verändern. Durch Klicken auf das Rootwindow kann man bei den
meisten Windowmanagern ein Menü öffnen, das natürlich auch konfigurierbar ist.
- Die Zwischenablage kann nur Text enthalten und verhält sich anders als in
Windows. Wenn man einen Text markiert, wird er auch sofort automatisch in die
Zwischenablage kopiert. Wenn man jetzt den Cursor woanders hinbewegt und die
mittlere Maustaste klickt, wird der Text aus der Zwischenablage dort eingefügt.
Es gibt ein Programm,
xclipboard
, das mehrere Zwischenablagen zur
Verfügung stellt.
- Drag und Drop ist nur vorhanden, wenn die X11 Programme bzw. der
Windowmanager dieses unterstützen.
Es gibt Projekte wie KDE,
www.kde.org, und Gnome,
www.gnome.org, deren Ziel es ist, X
Window ähnlich wie Windows ein einheitliches Aussehen und Bedienung zu
verpassen. Die Projekte sind ziemlich eindrucksvoll. Einfach ausprobieren, Sie
werden den Windows Desktop nicht mehr vermissen. Ihre Distribution enthält
höchst wahrscheinlich eines dieser Pakete oder beide. Zum gegenwärtigen
Zeitpunkt ist KDE das weiter fortgeschrittene System, aber vielleicht gefällt
Ihnen ja Gnome trotzdem besser. Am besten, beide ausprobieren.